4000 Inseln im Mekong–Traum oder Albtraum?
16 04 2013Unser Plan: Von Vang Vieng aus mit dem Bus in die laotische Hauptstadt Vientiane fahren, dort Kurzstopp (Besuch des Cope Visitor Centre) und anschließend mit dem Flugzeug in den Süden von Laos fliegen, nach Pakse. Auch hier nur Übernachtungsstopp auf dem Weg zu unserem letzten großen Ziel in Laos – den Viertausend Inseln (Si Phan Don) im Mekong. Don Khone hieß die von uns gewählte Insel. Ihre relative Ursprünglichkeit sollte uns für sechs Tage eine Oase der Entspannung mit Mekong-Blick bieten. Viele andere Backpacker hatten dies bereits vor uns ausprobiert und für gut befunden. Doch dann kam vieles anders als gedacht und geplant …
Von Vang Vieng nach Vientiane ging es mit dem öffentlichen Bus schnell und reibungslos. In Vientiane checkten wir für eine Nacht im AV Hotel ein und begaben uns dann zum Cope Visitor Centre im National Rehabilitation Center. Hier gibt es eine Ausstellung über die Auswirkungen der amerikanischen Bombadierung auf Laos während des Geheimen Krieges und des Vietnamkrieges. Insbesondere die Problematik der Streubomben wird sehr anschaulich thematisiert. Die Ausstellung machte uns sehr betroffen und nachdenklich. Erstaunlich bleibt, dass die Laoten an keiner Stelle die USA für das Elend, das während und nach den jahrelangen Bombardements über sie kam, anprangern. Angeblich wird das Thema nicht einmal in der Schule zum Gegenstand des Unterricht gemacht. So erklärt sich auch, warum bis heute Kinder durch Streubomben verletzt werden können. Sie erkennen diese als solche nicht oder unterschätzen als Schrottsammler das Gefahrenpotential.
Am nächsten Morgen ging es dann zum Flughafen. Den Weg von Vientiane nach Pakse wollten wir mal nicht per Bus zurücklegen (hier kursieren zu viele Geschichten über strapaziöse Touren im Internet), deshalb hatten wir bei Lao Airlines einen Flug gebucht. Kleiner Flugplatz, schnelle Abfertigung, wenige Passagiere, lustige Hinweisschilder bzgl. der Reihenfolge beim Bording –>
Den zuerst bestiegenen nagelneuen Airbus A320 mussten wir nach 30 Minuten wieder wegen technischen Problemen verlassen. Wir wechselten in einen anderen A320, der nicht nagelneu, sondern “nur” noch neu, dafür aber besser ausgestattet, ist. Und das beste, er startet auch. So hatte unser einstündiger Flug dann am Ende 1,5 h Verspätung. Aber alles verlief ohne Zwischenfälle und das war für uns das Wichtigste.
Über den Wolken entdeckten wir dann etwas, was wir in Asien bisher nicht gesehen hatten – strahlend blauer Himmel! Gut kann man auf dem Foto den darunterliegenden Smog erkennen.
Beim Warten auf das Ersatzflugzeug begann dann eine nicht so schöne Episode unserer Reise. Denise fühlte sich plötzlich unheimlich müde und matt . Ich habe das als nicht problematisch angesehen. Im Hotel in Pakse musste sie sich jedoch sofort hinlegen und ich bereute, kein Fieberthermometer in unserer Reiseapotheke zu haben.
An der Hotel-Rezeption konnte man mir auch nicht helfen, aber wenigstens schrieben sie mir das laotische Wort für Fieberthermometer auf ein Blatt. Wenig später stand ich in der Notaufnahme eines laotischen Provinzkrankenhauses, wo vom Personal nur die Landessprache gesprochen wurde. Das führte dazu, das man bei mir die Temperatur messen wollte! Ein Thermometer konnte ich dort nicht erhalten, wusste nun aber um dessen Existenz. Auf dem Rückweg zum Hotel passierte ich einen Markt und an einem Pharmazie-Stand wurde ich dank meines “Einkaufszettels” doch noch fündig. Für 10.000 Kip (1€) erstand ich ein in Berlin (!) hergestelltes Quecksilberthermometer. Denise hatte 38,4°C Fieber. In Verbindung mit den Mückenstichen, die sie sich in der Vergangenheit regelmäßig einfing, ein Fall für den Arzt. Deshalb suchten wir die “Internationale Poliklinik” von Pakse auf.
Die einzigen Patienten hier am Samstag-Nachmittag waren wir. Aber es gab auch eine Krankenschwester, einen Laboranten und einen Arzt. Die Diagnose nach einem großen Bluttest war: ein Infekt. Eine Menge Medikamente (Antibiotika, Fiebersenker, Natrium) im Gepäck und mit einer Behandlungs- und Medikamentenrechnung über 14 € (!) ging es zurück ins Hotel.
Da man in der Poliklinik den Malaria-Test erst am nächsten Tag hätte machen können, fuhren wir noch zu einem anderen Arzt in dessen Privatpraxis. Test-Ergebnis: negativ, Rechnungsbetrag: 2 €. Na, da waren wir froh! Vorerst!
Am nächsten Morgen ging es dann mit dem Bus vom Hotel aus nach Don Khone, Fahrzeit ca. 3,5 Stunden. Nach 2,5 Stunden gab es einen Toiletten-Stopp. Denise wurde übel. Sie verließ den Bus, weil sie dachte sich übergeben zu müssen. Ich konnte sie dann gerade so auffangen, als sie ohnmächtig wurde. Auf den Armen tragend, brachte ich sie zu einem ruhigen, schattigen Platz. Mit Hilfe einer medizinisch ausgebildeten Amerikanerin und den Hausmitteln der Laoten kam sie dann schnell wieder zu sich. Weiter ging es im Bus liegend. Auf Don Khone angekommen, ging sie sofort ins Bett. Die Außentemperaturen waren hoch, ca. 35°C. Die Klimaanlage des schlecht isolierten Flussbungalows arbeitete äußerst mangelhaft.
Das Fieber stieg unablässig. Bei 39,5°C ließ ich den Dorf-Arzt holen (hätte ich mir auch sparen können) und bereitete den Umzug in einen anderen, kühleren Bungalow vor. Wir verkürzten selbständig den verordneten Abstand für die Medikamenteneinnahme und zogen in einen kühleren Bungalow, das half etwas. In den nächsten 5 Tagen lag Denise mit Fieber im Bett. Ab und an gab es Stomausfälle, dann fiel auch die so wichtige Klimaanlage aus. Erst am vierten Tag, als sie zusätzlich starke Muskelschmerzen (wahrscheinlich vom Liegen) bekam, kombinierten wir, nach telefonischer Rücksprache mit medizinischem Personal in Deutschland und Internetrecherche, das verordnete Paracetamol mit von einer sehr freundlichen deutschen Reisenden zur Verfügung gestelltem Ibuprofen (Danke Gabi und liebe Grüße nach Krailling). Ein weiterer, starker Fieberschub folgte und ab dann ging langsam aber stetig das Fieber zurück. Denise blieb jedoch sehr schwach.
der rechte Bungalow war unser Krankenlager
Um unseren Flug nach Kambodscha am 14.4.2013 nicht verfallen zu lassen, dehnten wir unseren Aufenthalt auf Don Khone maximal aus. Denise musste wenigstens transportfähig werden!
auf dem Weg zu unserem Restaurant
Nachdem das Fieber fast weg war und wir erste Gehversuche machten, fiel sie mir auf dem nur 50 Meter kurzen Weg zum Restaurant fast wieder um – nur schnelles Hinlegen auf dem Weg verhinderte hier Schlimmeres. Transportfähigkeit sah anders aus. Öffentlicher Bus fiel aus, Krankenwagen gab es nicht, für den Rettungshubschrauber bestand keine echte Notlage mehr – blieb nur das Chartern eines privaten Minivans. Kostete zwar das elffache des normalen Transportpreises, war dafür aber individueller, schneller, flexibler und brachte die Garantie, dass Denise liegen konnte. So haben wir es dann auch gemacht. Früh um 7:30 Uhr verließen wir nach 7 Tagen, die für uns bis heute noch unbekannte Insel Don Khone. Die Reise nach Pakse verlief sehr gut. Dort war Denise dann zum ersten Mal einen ganzen Tag fieberfrei und konnte sogar in einem Restaurant zu Mittag essen. Somit gelang dann auch der einstündige Flug nach Siem Reap (Kambodscha). Hier sind wir auch ggf. wieder medizinisch auf internationalem Niveau versorgt (gleichwohl liegen die Behandlungskosten auch auf internatinalem Niveau). Außerdem gäbe es von hier aus auch die Möglichkeit des Krankentransportes nach Bangkok. Schön zu wissen … Nun ist die Erkrankte auch wirklich auf dem Wege der Genesung. Unsere Unterkunft, die einem kleinen Paradies gleicht, unterstützt den Heilungsprozess sicherlich ebenfalls. Zumindest solange die Krokodile auf der angrenzenden Farm nicht ausbrechen .
Wir werden erst weiterreisen, wenn Denise wieder vollständig gesund und belastbar ist. Die Zeit dazu haben wir und hier, in der Nähe von Angkor Wat, kann man sowieso viel Zeit verbringen. Und einen tollen, zuverlässigen und äußerst sympathischen Tuk-Tuk-Fahrer für unseren gesamten Aufenthalt haben wir auch schon gefunden.
Nachtrag:
Ein Zitat aus unserem Reiseführer (Stefan Loose: Südostasien, ³2011,S. 75):
“Das Laotische Gesundheitswesen ist unterentwickelt. Zwar gibt es inzwischen in jeder Provinzhauptstadt ein staatliches Krankenhaus, doch entsprechen Ausbildung des medizinischen Personals und Ausstattung bei weitem nicht internationalen Standards. In vielen entlegenen Gebieten bekommt man nur schwer medizinische Hilfe. … Wer schwer erkrankt, sollte sich in Thailand behandeln lassen.”
Wir haben hier in Laos gelernt, das die schnelle Verfügbarkeit von professioneller medizinischer Versorgung, wie wir sie in Deutschland haben ein unschätzbares Gut ist.
Viele liebe Grüße senden euch eure Weltenbummler
Denise & Krankenpfleger Karsten
Kategorien : Laos
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