Südamerika – der Versuch einer Bilanz

3 01 2013

Drei Monate Südamerika mit fast 10.000 km Busfahrt liegen hinter uns. Wir bewegten uns auf Höhen zwischen 0 und 5000 m über dem Meeresspiegel. Reise- oder Höhenkrankheit haben uns nie erwischt. Wir haben insbesondere in Peru und Bolivien nach dem Motto “Bei Tageslicht ist es überall sicher!” gelebt und somit nie Probleme mit Gewalt oder Kriminalität bekommen. Beim Essen galt in den genannten Ländern die Maxime “Koch es, schäl es oder lass es!”. Somit tranken wir in ganz Südamerika nie unabgekochtes Leitungswasser. Gekauftes Mineralwasser war hingegen unser ständiger Begleiter. Erst ab Argentinien/ Chile haben wir wieder die Salatbeilagen im Restaurant verzehrt und unverpacktes Speiseeis gegessen. Wir verschlangen sogleich Massen des köstlichen argentinischen Eises! Absolut empfehlenswert.

Cordoba - Eisessen bei Grido

Die Einheimischen, die wir auf unserer Reise trafen, waren sehr freundlich, aufgeschlossen und immer hilfsbereit. Dabei erwies es sich als besonders hilfreich, sich auf Spanisch verständlich machen zu können. So manchen guten Tipp haben wir so von den Einheimischen zusätzlich erhalten. Völlig ohne Kenntnisse in der spanischen Sprache ist man als Individualtourist außerhalb der typischen Touristenrouten in Südamerika arm dran ;-).

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In Südamerika gibt es sehr arme Länder, politisch als “Schwellenländer” bezeichnet. Ich persönlich sehe Peru und Bolivien eher noch als Entwicklungsländer an. Das hat selbstverständlich Auswirkungen auf den Reisekomfort, bietet andererseits jedoch eine gute Möglichkeit, seine eigenen Wertmaßstäbe in jeder Hinsicht neu zu justieren. Die Reiseeindrücke und –erfahrungen gerade auch aus den armen Ländern sehen wir als wichtige Erweiterung unseres Horizonts an, auch um den Preis mancher Entbehrung, den die Reise brachte. Naturerlebnisse, das Wandeln auf historischen Pfaden und menschliche sowie kulturelle Einblicke waren der Lohn.

Buenos Aires - San Telmo - Markt

Argentinien war ein Kapitel für sich. Obwohl wir uns dort zeitlich am längsten aufgehalten haben, bot das Land am Wenigsten. Irgendwie scheint sich das Land nach dem Staatsbankrott 2001 nicht wieder richtig erholt zu haben und ein erneuter Staatsbankrott liegt in greifbarer Nähe. Manchmal erinnerte mich Argentinien auch an die ehemalige DDR.

Cordoba - Demo

Chile bzw. das, was wir von Chile gesehen haben, war dann aus unserer Sicht eher nicht typisch südamerikanisch. Viele Parallelen zu Deutschland drängten sich hier auf.

Unsere Assoziationen zu:

Peru: Erdbeben, Entwicklungsland, Inka, Freundlichkeit, Anden, Machu Picchu, Pisco Sour, Inka Cola, Plastikmüll überall, Meerschweinchen, Collectivos, Coca-Tee, Empanadas

Bolivien: Titicacasee, Streiks und Blockaden, Landwirtschaft, Salzwüste, arm

Brasilien: Wasserfälle, Wirtschaftsmacht, Tucan, Wohlstand

Argentinien: Steak, Espresso, Demonstrationen, B.A. – die Stadt, die niemals schläft, Wein, Hitze, Fußgänger sind Freiwild, Ampelfarben sind ohne Bedeutung, Grido Eis

Chile: Deutschland, Ordnung, Apartment-Hochhäuser, Vulkane, Wein, Pablo Neruda, Diktatur

Historisch interessant finde ich die Entstehung und Überwindung der Militärdiktaturen in den lateinamerikanischen Ländern und die Rolle der USA in diesem Zusammenhang. Hierbei handelt es sich um Themen der neueren Geschichte, die z.T. in den betroffenen Ländern gerade erst aufgearbeitet wurden bzw. werden.

Arequipa - Plaza de Armas

Insgesamt haben wir in Südamerika eine neue, andere Welt kennengelernt. Wir konnten unseren Horizont stark erweitern und machten Erfahrungen, die wir auf keinen Fall missen möchten.

Viele liebe Grüße von den Weltenbummlern
Denise & Karsten



Pucón – Urlaub vom Urlaub

19 12 2012

So, zuerst die Richtigstellung der Informationen zu unserer kleinen Bilderstrecke aus dem letzten Artikel.
Gestrandet im Grenzbereich zwischen Argentinien und Chile wären wir wirklich beinahe. Wir hatten in Mendoza Bustickets nach Viña del Mar gekauft (liegt 2h hinter Santiago de Chile). Später entschieden wir uns, in der Annahme früher aus dem Bus aussteigen zu können, doch lieber in Santiago ein Quartier zu nehmen. Von dort hätten wir dann einen Tagesausflug nach Viña del Mar unternehmen können. Wir buchten also ein Zimmer in unserer vertrauten Hochhaus-Apartment-Anlage in der chilenischen Hauptstadt. Im Bus nach Chile erfuhren wir dann, dass es direkt von Mendoza nach Viña ging, d.h. vorheriges Aussteigen nicht möglich wäre. Durch die zusätzliche Rückfahrt nach Santiago hätten wir unsere sonst sechsstündige Fahrt um mindestens weitere fünf Stunden Zeit verlängert. Karsten fand sich schnell damit ab (Shit happens), aber Denise nicht. Sie führte Dank ihrer guten Spanisch-Sprachkenntnisse eine Unterhaltung mit den Busfahrern (ich bewundere sie dafür).

Busfahrt von Mendoza nach Santiago de Chile

Dadurch hatten wir die Information, dass der nächste Bus des gleichen Busunternehmens, der jetzt aber wirklich nach Santiago fuhr, nur 20 Minuten hinter uns wäre. Und am Grenzübergang in den Anden (siehe Foto) würden wir auf ihn treffen und könnten bei freien Plätzen umsteigen. Das war eine gute Aussicht. Am Grenzübergang war es dann sehr voll, so dass die Abfertigung über 2,5 h dauerte. Unser Busfahrer teilte uns mit, dass ein Wechsel des Busses nicht möglich sei, die Busse wären alle voll. Das war es dann wohl. Aber unsere Blicke in die Busse sagten uns etwas anderes. Denise fragte daraufhin Fahrer anderer Busunternehmen, ob sie uns nach  Santiago mitnehmen würden. Sie verneinten mit fragwürdigen Argumenten. Jetzt fügte sich Denise dem Schicksal. Ich hingegen fand das alles sehr merkwürdig und dachte, irgendwie muss das doch hinzubekommen sein. Wir sind doch schließlich in Südamerika … Also raus aus der Reihe der gerade vom Zoll Begutachteten und hin zum Fahrer des Busses nach Santiago. Englisch sprach er nicht und mein Spanisch wollte ihn auch nicht so recht vom Smartphone losreißen. Dann kam aber auch schon etwas aufgeregt unser Busfahrer hinzu geeilt. Scheinbar haben die Fahrer hier so eine Art Verantwortung für ihre Insassen. Ich sollte sofort zurück in die Reihe. Nach der Abfertigung ging es dann schnell. Wo denn unser Gepäck sei, fragte unser Busfahrer. Sollte doch noch der Buswechsel möglich werden? Jetzt diskutierten Busfahrer, Zollbeamte und Grenzbeamte unser Problem. Sechs Leute mussten sich miteinander ins Einvernehmen setzen, damit wir den Bus wechseln konnten!!!???

Busfahrt von Mendoza nach Santiago de Chile

Wir waren halt mitten im Grenzgebiet – wo angesichts von Passagierlisten etc. so etwas schwieriger war, als von uns erwartet. Und der Umstieg lief dann folgendermaßen ab. Gerade durchleuchtete und verstaute Rucksäcke im vollen Busstauraum suchen, ausladen, wieder einladen. Wir auch rein in den Bus. Grenzdurchfahrt. Auf chilenischer Seite durchzählen der Passagiere durch einen Grenzbeamten. “Vollständig”” – freie Fahrt! Zehn Meter hinter der Grenze stoppt der Bus. Wir zwei Backpacker steigen aus, noch die Rucksäcke aus dem Stauraum gehievt und weg ist der Bus. Hoffentlich nimmt der andere uns auch wirklich mit. Bange Momente inmitten des trostlosen Gebirges, keine Menschenseele weit und breit, 100 m hinter uns die Grenzabfertigungsstation. Dann kommt der ersehnte Bus. Wir beide winkend, halb auf der Straße stehend. Der Busbegleiter signalisiert, kein Halt. Dann lächelt er, der Bus stoppt, das Gepäck wird schnell verstaut und wir zwei steigen überglücklich ein und besetzen zwei von den vier noch freien Plätzen. Geht doch …
Wir sind uns aber ziemlich sicher, dass dies ein Einzelfall im argentinisch-chilenischen Busgrenzverkehr hier in den Anden bleiben wird. Gerade deshalb sind wir denen, die den Umstieg möglich gemacht haben, umso mehr dankbar.

Busfahrt von Mendoza nach Santiago de Chile

Die anderen Bilder sind schneller mit den korrekten Bildunterschriften versehen.

Chile - Valparaiso
Chile - Valparaiso

Am 9. Dezember, Karstens Geburtstag, sind wir nach Valparaiso gefahren. Die Stadt hat den bedeutendsten chilenischen Hafen.  Von dort stammten die beiden obenstehenden Fotos. Die Stadt gilt als die kulturelle Hauptstadt Chiles. Und so hatte sich auch der Dichter, Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda (*1904-†1973) hier niedergelassen. Wir haben uns sein Haus von außen und innen angesehen. Es ist heute  ein Museum. Man hat die Inneneinrichtung original belassen. Dieses Haus, seine Einrichtung und die Sicht von dort auf die Stadt und den Pazifischen Ozean haben uns schwer beeindruckt und wir hätten etwas verpasst, wenn wir es nicht besichtigt hätten.

Chile - Valparaiso Neruda Haus

Das Essen in der Pfanne hatte sich Karsten in unserem Apartment zubereitet.

Santiago de Chile
Santiago de Chile - Stadtrundgang

Und auf den letzten Bildern konntet ihr uns bei einer 3,5 stündigen Stadtführung durch Santiago de Chile sehen.

Vom 12.12.-17.12.2012 haben wir dann erst einmal Urlaub vom Urlaub gemacht. Von Santiago aus ging es in das ca. 800 km entfernte Pucón. Die Stadt hat mit Deutschland vergleichbare klimatische Verhältnisse. Pucón liegt an einem großen See und ist auch für die Chilenen ein Erholungsort erster Güte.

Pucon

Pucon
Pucon - Restaurant Trawen

Viele gute Unterkünfte und hervorragende Restaurants sowie eine Unmenge an Outdoor-Aktivitäten laden die Touristen zum Verweilen ein. Die Stadt erinnert eher an einen Urlaubsort in Süddeutschland, Österreich oder der Schweiz. Alles sehr ordentlich, so gar nicht südamerikanisch 😉

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Wir wurden von einem jungen brasilianischen Paar (Isabela und Leo) in ihrem tollen Haus beherbergt. Hier war vieles wie zu Hause – das Haus, die Umgebung, die Natur, das Wetter.

Pucon - Frontera B & B

Bis zum Tag unserer Abfahrt hofften wir immer noch, Vulkanbezwinger zu werden, d.h. wir warteten auf den Anruf einer empfohlenen Tour-Agentur (Patagonia) um die Nachricht zu erhalten, dass die Wind- und Temperaturbedingungen am Vulkankrater in 2800 m einen Aufstieg zulassen würden. Insbesondere die Windbedingungen hätten unter 30 km/h liegen müssen. Die Hoffnung starb zuletzt – es wurde nichts daraus. Hier ein Blick aus der Luft in den Krater …


YouTube Direkt

Pucon - Vulkan Villarrica
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Statt dessen waren wir reiten (ich berichtete im letzten Artikel darüber), unternahmen eine Fahrradtour zu den Ojos Caburga  (ganztägig), wanderten viele Kilometer durch den Nationalpark Huerquehue und entspannten uns im Haus und Garten des Frontera Hostel B&B.

Pucon - Fahrradtour

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Es waren sechs tolle Tage in einer äußerst angenehmen, komfortablen Umgebung. Hier kann man ausgezeichnet Urlaub oder wie wir, Urlaub vom Urlaub machen.

Nun sind wir seit gestern zum dritten Mal in Santiago de Chile, wieder in unserer Hochhaus-Apartment-Anlage. Wir wissen ja jetzt wie der Hase hier läuft … Und es gibt noch einiges in Santiago zu erkunden. Den die Stadt überragenden Berg San Cristobal haben wir gestern bestiegen und haben dabei 20 km zu Fuß zurückgelegt. Das Pablo Neruda Haus und das Museum of Memory and Human Rights stehen noch auf unserem Erkundungsplan. Außerdem wollen wir hier noch einige typische chilenische Speisen probieren, bevor es am 22. Dezember nach Auckland (Neuseeland) weitergeht.

Liebe Grüße senden euch
Denise & Karsten

P.S.: Es gibt wieder neue Bilder in der Fotogalerie.



Noch einmal Glück gehabt …

13 12 2012

Die Details folgen, hier nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was den interessierten Reiseblog-Leser als nächstes hier erwartet.

Gestrandet im Grenzbereich zwischen Argentinien und Chile …

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Auf dem Flüchtlingsboot …

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Flucht vor den schwerbewaffneten Kriegsschiffen …

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Erste Mahlzeit nach der Flucht …

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Versammlung der Überlebenden … (Denise fotografiert!)

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Japanisches Fischsudoku … ???

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und nun ernsthaft 😉 … unser Blick vom Bett aus …

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auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses –> der aktive 2800 m hohe Vulkan Villarrica hier in Pucon (Chile)

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dessen Besteigung bis zum Krater uns aus witterungsbedingten Gründen versagt bleibt, weshalb wir nach Alternativen Ausschau hielten und deshalb heute den ersten Ausritt in unserem Leben machten (die südamerikanische Reitschule – rauf aufs Pferd und dann erst mal 3,5 h durchs Gelände geritten – lediglich beim Galopp haben wir uns ausgeklinkt – wobei das Angebot stand). Im Hintergrund der Vulkan!

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Wir haben es heil überlebt und sind etwas stolz auf uns. Die tatsächlichen Zusammenhänge von den Bildern vom Anfang dieses Artikels erfahrt ihr in den nächsten Tagen.

Liebe Grüße senden euch

Denise & Karsten